Woher schöpft der ISIS seine Stärke und Dreistigkeit?

15.08.2014 Vatan
Übersetzt von: Gülçin Wilhelm /
Orjinal Metin (tr-08.08.2014)

ISIS (Islamischer Staat im Irak und in Syrien - mit dem neuen Namen IS, also nur „Islamischer Staat“) kämpft gegen das Baath-Regime in Syrien (damit auch gegen die von Iran sowie Hisbollah im Libanon entsendeten Krieger, die dem Regime in Syrien unter die Arme greifen sollen), die Kurden (PYD/YPG) und einige andere Gruppierungen – allen voran gegen die Nusra-Front, die über Verbindungen zu Al Qaida verfügt. Es wurde zwar berichtet, dass der ISIS dem Regime in Bagdad, d.h. den schiitischen Arabern, die Provinz Mussul entriss, aber die Milizen scheinen es in den letzten Tagen auf Kurden abgesehen zu haben. Während die Milizen den Kampf gegen schiitische Arabern und Kurden führen, drangsalieren sie zugleich die dazwischen geratenen religiösen Minderheiten wie Christen oder Jesiden. Zudem wird vermeldet, dass der ISIS demnächst eine neue Kampffront in Libanon aufbaut.

Davutoglus Äußerungen
Zwei Fragen, die ineinander verwoben sind, stehen im Raum: Woher schöpft der ISIS seine Stärke und seine Dreistigkeit? Fangen wir erstmal mit der Stärke an. Der Außenminister Davutoglu beantwortete eine diesbezügliche Frage so: „ISIS wird von Wut angetrieben. Man redet von zwei Sachen. Einmal geht es um ausländische Krieger. Und zweitens, dass die Waffen von außen kommen. Die Organisationsstruktur des ISIS bilden ehemalige Angehörige der Zentralregierung, die sich von dieser losgelöst haben. Sollte es da eine Wutansammlung gegeben haben, so lässt diese eine gewisse Anziehungskraft entstehen. Und dann die Sache mit den Waffen. Teils stammen diese aus Syrien und teils aus den Beständen der irakischen Armee. Hier eine Ansammlung von Menschen, die die Wut zusammengeschweißt hat, und da hinterlassene Waffen.“
Wenn wir nun anfangen, ein Phänomen, das innerhalb kürzester Zeit sämtliche Kräfteverhältnisse in der Region auf den Kopf gestellt hat, damit zu begründen, dass jene zornigen Syrer und Iraker (die meisten davon sind sunnitische Araber, aber Davutoglu redet auch von Turkmenen) die von den Regimen zurückgelassenen Waffen an sich gerissen haben, führt das zu nichts. Um zu begreifen, wie existenziell zum Beispiel die von Davutoglu heruntergespielte Angelegenheit mit den „ausländischen Kriegern“ ist, genügt es, einmal 24 Stunden in sozialen Medien zu surfen. Es gibt zudem ernsthafte Behauptungen darüber, dass der ISIS wie auch ähnliche Organisationen reichlich viele Waffen von außen erhalten. Oft wird die Türkei in diesem Zusammenhang als „Transitland“ erwähnt.

Die Basis der Dreistigkeit
Ich bin der Ansicht, dass die Sachlage noch deutlicher wird, wenn wir über die Frage nachdenken, woher der ISIS diese Unverfrorenheit schöpft. Hierzu müssen wir zuerst die Tatsache unterstreichen, dass die Regierenden im Irak wie in Syrien einen fruchtbaren Nährboden für ISIS und ähnliche Gebilde bereitet haben. Andererseits ist dem Umstand besondere Beachtung zu schenken, dass bei den seit längerem andauernden Machtkämpfen mit konfessionellen Zügen der aus Golfstaaten wie Saudi-Arabien und Katar zusammengesetzte „sunnitische Block“, der um Minderung der Autorität Irans in Irak und Syrien bemüht ist, nach mehrfachen Schlappen (Was ist eigentlich aus der Freien Syrischen Armee geworden – existiert sie noch?) zunehmend auf radikalislamische Kräfte zählt. Und solange jene regionalen und globalen Kräfte, die zu diesem Block gute Verhältnisse pflegen, keinen Finger krumm machen, um diesen drastischen Fehler zu korrigieren, werden diese Mitverantwortung tragen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass der ISIS eine ideologische Perspektive besitzt, die es ihm ermöglicht, aus allen Ecken der Welt Freiwillige zu rekrutieren. Vor diesem Hintergrund ist es für jene, die diese verpönten, sicherlich eine Lektion, dass ISIS nach Verkünden des „islamischen Staates“ und gar des „Khalifats“ ihre Aktionen fortsetzt.

Auge um Auge mit den Kurden
Ehrlich gesagt, habe ich keineswegs damit gerechnet, dass der ISIS dermaßen schnell unmittelbar nach Syrien auch im Irak eine Front gegen die Kurden einrichten würde. Offenbar schätzte die Regionalregierung Kurdistan-Irak (KRG) die Lage genauso falsch ein, wie ich. Demgegenüber hatte die PKK/KCK in Anbetracht der jüngsten Ereignisse, die der Eroberung Mussuls folgten, der KRG nahegelegt, gemeinsame Koordination sowie ein gemeinsames Kommando ins Leben zu rufen. Es ist stark anzunehmen, dass der ISIS bei seinen neuesten Aktionen aus Konfrontationen und Konkurrenz zwischen den kurdischen Gruppierungen reichlich Kapital schlug.
Der strategische Kopf in den Leitungsebenen des ISIS scheint ziemlich klug vorzugehen. Eins lässt er dennoch außer Acht: Die im Irak, in der Türkei sowie in Syrien lebenden Kurden sind in Sachen Strategie keineswegs unbewandert – sie würden sich davor hüten, die nach langjährigem Leid erzielten Errungenschaften so ohne weiteres an ISIS oder andere ähnliche Organisationen zu verlieren. Sie verteidigen vorerst ihre eigene Region gegen feindliche Annexionsbestrebungen. Und




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