Wie ist es dazu gekommen? Was kann jetzt passieren? Sieben eilige Notizen

15.08.2014 Vatan
Übersetzt von: Gülçin Wilhelm /
Orjinal Metin (tr-11.08.2014)

Der Triumph Erdogans
Die Parteien, die einen gemeinsamen Gegenkandidaten gestellt hatten, werden nun sicherlich eine Reihe von Entschuldigungen oder Ausreden haben. Manche davon werden auch berechtigt sein. Ab einem bestimmten Punkt gälten diese jedoch nicht. Denn Recep Tayyip Erdogan wurde per Volksabstimmung eindeutig zum 12. Staatspräsidenten gewählt. Dies ist ohne Wenn und Aber sein Sieg, und die Niederlage derjenigen, allen voran CHP und MHP, die ihre Hauptstrategie darauf gerichtet hatten, Erdogans Wahl zu verhindern. Ebenso ist es eine eindeutige Niederlage für die Fethullah-Gülen-Bewegung.

Der Aufstieg Demirtas'
Von der Niederlage, die CHP und MHP erlitten, kann dagegen im Falle von Selahattin Demirtas, dessen Kampagne nicht allein darauf abzielte, anti-Erdogan zu sein, sondern sich am Aufruf „eines neuen Lebens“ orientierte, keine Rede sein. Demirtas' Sieg ist zwar nicht mit dem von Erdogan zu vergleichen. Dennoch können wir sagen, dass er der zweite Sieger dieser Wahl ist. Dieser Umstand deckt sich unmittelbar mit dem jüngsten Aufstieg der kurdischen politischen Bewegung. Er erhielt nicht nur viel mehr Stimmen von den Kurden sondern imponierte einem Teil der der CHP abgewendeten städtischen Mittelschichten. Nichtsdestotrotz ist es auch ein Fakt, dass er in Mittel- bzw. Ostanatolien und am Schwarzen Meer nicht einmal 2 Prozent der Stimmen erreichte. Andererseits besteht für die HDP (Demokratische Partei der Völker) durch den von Demirtas ausgelösten Schwung nunmehr die Chance, bei den allgemeinen Wahlen die 10-Prozent-Hürde zu überschreiten, ein Ziel, dem sie ohnehin bereits ziemlich nahe kam.

Die Idee eines gemeinsamen Kandidaten war falsch
Als die Idee eines gemeinsamen Gegenkandidaten von Bahceli, dem Vorsitzenden der MHP, aufgeworfen worden war, hatte ich damals in neun Punkten meine Einwände zum Ausdruck gebracht. Einer davon handelte von der Feststellung, dass jegliches Bestreben in der Vergangenheit, die Stimmen zu bündeln, erst recht zur Aufspaltung der Stimmen, ja sogar zur Stabilisierung der Gegenseite führte. Denn der offene Hinweis darauf, dass die Stimmen nicht aufgespalten werden sollen, birgt das Zugeständnis in sich, schwächer zu sein als der Gegner. Betrachtet man die Tatsache, dass die Wähler im Allgemeinen sich zu dem Stärkeren hingezogen fühlen, so bringt dies die Konkurrenz von vorneherein in eine vorteilhaftere Position.

Die Frage der Motivation bei den Parteien mit einem gemeinsamen Kandidaten
Obwohl die Idee an sich falsch gewesen war, war Ekmelettin Ihsanoglu vielleicht der ideale gemeinsame Kandidat. Dass die CHP und die MHP ab einer bestimmten Phase des Wahlkampfes ihre ganze Energie darauf konzentrierten, hauptsächlich die eigenen Wähler an die Urne zu locken, zeigte jedoch, dass sogar der „ideale“ Name nicht ausreicht, das Stimmvolk zu motivieren. Es herrscht auf jeden Fall die Meinung vor, die geringe Wahlbeteiligung läge an Desinteresse und Desillusionierung bei den Anhängern dieser Parteien. Nicht zu unterschätzen ist die allgemeine Annahme, dass eine Einigung auf einen alternativen Kandidaten von Seiten der nationalistischen Abgeordneten der CHP zum einen zu einer Erhöhung der Wahlbeteiligung und zum anderen zur Verringerung von Erdogan-Stimmen geführt hätte.

Richtung Präsidialsystem
Erdogan, der gleich im ersten Wahlgang gewählt worden ist, hat sicherlich die Absicht, das Land ins  Präsidialsystem zu katapultieren. Es ist allerdings zweifelhaft, ob es ihm mit dem vorliegenden Stimmanteil gelingen wird. Sollten die Oppositionspartein jedoch keine Lehren aus dieser Niederlage ziehen und weitermachen wie bisher, könnte die von Erdogan vom Präsidentenpalast aus gesteuerte AKP 2015 die Wahlen gewinnen – von wem sie auch letztendlich geführt wird. Sollte sie die Unterstützung von HPD erhalten, kann sie sogar Verfassungsänderungen vornehmen.

Der Lösungsprozess in der kurdischen Frage wird fortgesetzt
Erdogan wetterte in seiner Rede - unmittelbar nachdem er seine Kandidatur ankündigte -, gegen die Kurden und die Gülen-Bewegung. Meiner Ansicht nach wird er diesen Kurs aufrechterhalten. Denn mit der Gülen-Bewegung bedient er das Bedürfnis von Feindbildern und mit dem Lösungsprozess das vom konkreten Ziel. Zieht man jedoch die aktive Rolle der PKK zuerst in Syrien und anschließend im Irak in Erwägung, so wird erkennbar, dass Erdogan die kurdische Frage nicht mehr länger aufschieben kann.

Die politische Zukunft Güls
Ich habe mir zwar für die nächsten Tage eine genauere Analyse vorgenommen, aber so viel kann ich jetzt schon sagen: Ich glaube nicht, dass der mit 52 Prozent der Stimmen als Präsident gewählte Erdogan so jemanden wie Gül, der ihm bei der Umsetzung seiner Pläne in die Quere kommen kann, in den AKP- oder den Regierungsvorsitz hievt. Wobei er aufgrund eventueller Risiken, die aus dem Chaos in der Region herrühren, sich gezwungen sehen kann, einen starken Namen wie Gül




Destek olmak ister misiniz?
Doğru haber, özgün ve özgür yorum ihtiyacı
Bugün dünyada gazeteciler birer aktivist olmaya zorlanıyor. Bu durum, kutuplaşmanın alabildiğine keskin olduğu Türkiye'de daha fazla karşımıza çıkıyor. Halbuki gazeteci, elinden geldiğince, doğru haber ile özgün ve özgür yorumla toplumun tüm kesimlerine ulaşmaya çalışmalı ve bu yolla, kutuplaşmayı artırma değil azaltmayı kendine hedef edinmeli. Devamı için

Aktueller Artikel (10)
19.08.2019 Erneute Amtsenthebung: Erdogans große Verzweiflung
31.03.2015 Die Staatskrise und ihre möglichen Auswirkungen auf den Lösungsprozess
10.03.2015 Die HDP schafft die Wahlhürde, denn …
24.02.2015 Es steht uns schon wieder eine angespannte Wahl-Atmosphäre ins Haus
10.02.2015 Warten auf IS(IS)
28.01.2015 „Der Islam und Europa sind untrennbar verbunden“ Gespräch mit Prof. Nilüfer Göle
11.01.2015 „Wie können wir mit dieser Barbarei fertig werden?“
10.01.2015 Was ist wichtig für die Lösung der kurdischen Tragödie
24.12.2014 Die Rolle der Türkei im Kontext der CIA-Folter
08.12.2014 Selahattin Demirtas: "Öcalan übt an dem Lösungsprozess schärfere Kritik aus als Kandil“
10.11.2024 Abdullah Öcalan’a sormak istediğim 20 soru
22.09.2024 Ruşen Çakır nivîsî: Di benda hevdîtina Erdogan û Esed de
17.06.2023 Au pays du RAKI : Entretien avec François GEORGEON
21.03.2022 Ruşen Çakır: Laicism out, secularism in
19.08.2019 Erneute Amtsenthebung: Erdogans große Verzweiflung
05.05.2015 CHP-şi Goşaonuş Sthrateji: Xetselaşi Coxo Phri-Elişina Mualefeti
03.04.2015 Djihadisti I polzuyutsya globalizatsiey I stanovitsya yeyo jertvami. Polnıy test intervyu s jilem kepelem
10.03.2015 Aya Ankara Az Kobani Darse Ebrat Khahad Gereft?
08.03.2015 La esperada operación de Mosul: ¿Combatirá Ankara contra el Estado Islámico (de Irak y el Levante)?
18.07.2014 Ankarayi Miçin arevelki haşvehararı