Es steht uns schon wieder eine angespannte Wahl-Atmosphäre ins Haus

24.02.2015 Habertürk
Übersetzt von: Gülçin Wilhelm /
Orjinal Metin (tr-21.02.2015)

Recep Tayyip Erdogan hatte bereits vor den Präsidentschaftswahlen verkündet, dass er ein „parteiischer Staatspräsident“ sein würde. Im Hinblick auf seine bisherigen Leistungen ist festzustellen, dass er ein Präsidentenprofil abgibt, das sogar eher als „parteilich“, ja „partisanenhaft“ bezeichnet werden kann. Im Augenblick tingelt er durch die Provinz, polemisiert gegen die Oppositionsparteien und fordert von den Wählern, dass sie der Regierungspartei 400 Sitze im Parlament ermöglichen, damit das Präsidentschaftssystem ohne weiteres installiert werden kann.

Dass die Regierungspartei, die bei den Wahlen im Jahr 2011 insgesamt 327 Sitze errungen hatte, nun an 400 Sitze gelangt, würde voraussetzen, dass die HPD (Demokratische Partei der Völker) die Hürde nicht schafft und alle ihre 35 Abgeordneten zur AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung) wechseln. Selbst das würde nicht ausreichen. Ebenso müssten MHP (Partei der Nationalistischen Bewegung) bzw. CHP (Republikanische Volkspartei) enorme Stimmenverluste erleiden. In beiden Fällen scheint nicht möglich zu sein, dass die AKP 400 Sitze erlangt.

Ich muss zugeben, dass diese Rechnerei von vornherein nicht ganz richtig konstruiert ist. Denn die HDP wird mit großer Wahrscheinlichkeit nicht unter der Hürde bleiben. Ich gehe sogar davon aus, dass die HDP viel mehr Stimmen erhält, solange Erdogan und die Vertreter der Regierungspartei sie unablässig angreifen.

Wenn der Lösungsprozess unterbrochen wird

Für die HDP wäre die größte Gefahr, dass die konfliktfreie Zeit abrupt zu Ende ginge. Es liegt auf der Hand, dass eine offizielle Beendigung des Lösungsprozesses die HDP in eine missliche Lage bringen würde. Das wäre aber für die AKP ebenfalls riskant, eventuell sogar mehr als für die HDP – so ein Fall würde nämlich MHP und CHP zugutekommen. Verlierer wäre aber für alle Fälle das ganze Land.

Zurzeit stockt der Prozess. Und es ist nicht abzusehen, wie dies überwunden wird. Tröstlich ist, dass in der Vergangenheit ähnliche Durststrecken überstanden worden sind, so dass der Lösungsprozess doch noch fortgesetzt werden konnte. Es spricht einiges dafür, dass es dieses Mal wieder so sein wird. Erdogan wird vermutlich die HDP nach wie vor scharf angehen, wogegen die Regierung aber die Dialogmechanismen wieder einsetzen wird, damit der Prozess da fortgeführt wird, wo er ins Stocken geraten war. Die Probleme, die dem Prozess innewohnen, rühren nicht – wie die Regierungskreise uns beharrlich weismachen wollen – von den Differenzen zwischen Imrali (Öcalan) und Kandil (PKK „Arbeiterpartei Kurdistans“/KCK „Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans), sondern von den Meinungsverschiedenheiten und unterschiedlichen Vorgehensweisen innerhalb des Staates. Es wäre fatal, diese Unterschiede als eine „good cop/bad cop“-Inszenierung abzutun. Diese betreffen eher Inhalte als Formen. Und ich gehe nicht davon aus, dass derart unversöhnliche Positionen auch in der kurdischen politischen Bewegung existieren.

Die Gülen-Bewegung ist nicht mehr „Subjekt“ sondern „Objekt“

Seit den Gezi-Protesten wird immer deutlicher, dass Erdogans Perspektive hinsichtlich des demokratischen Systems nicht „pluralistisch“ ist, sondern sich eher nach dem „Mehrheitsprinzip“ richtet. Das drückt sich beispielsweise in dem „400-Sitze“-Ziel aus. Die Demokratie wird damit aber nicht vorangebracht. Um das ersehnte Präsidentschaftssystem zu schaffen kann man auf die eine oder andere Weise die HDP aus dem Parlament ausschließen. Aber die Eliminierung der dynamischsten gesellschaftlichen bzw. politischen Bewegung, vor allem in einer Zeit, in der diese in der Region eine zunehmend einflussreiche Rolle spielt, würde sicherlich eher Schaden anrichten als dass es Vorteile bringt.

Aber das Festhalten der Regierung an dem neuen Sicherheitsgesetz, bzw. was sich während der Abstimmung dessen im Parlament zugetragen hat, verspricht nicht gerade Hoffnung. Zählt man die Verschwörungstheorien von Seiten der Regierung bezüglich der Gülen-Bewegung (Abhöraktionen oder Anschlagspläne) dazu, stellt man fest, dass die Atmosphäre immer angespannter wird. Erdogan sähe es vielleicht dieses Mal auch gerne, dass die Wähler sich in erster Linie mit irgendwelchen Spekulationen befassen. Denn die Wahlkampagnen, die seit den regionalen Wahlen 1994 anstelle der Diskussion um elementare Fragen auf ideologischen Streit konzipiert worden sind, trugen im erheblichen Maße zum Erfolg von Erdogan und seinen Freunden bei. Ferner ist es sehr beachtlich, dass die Gülen-Bewegung, die bei den letzten beiden Wahlen mitmischte (und verlor), nunmehr vom „Subjekt“ zum „Objekt“ herabgesetzt und zum Sündenbock von Erdogan bzw. der AKP wurde. Es ist stark anzunehmen, dass die Gülen-Bewegung bei den Wahlen erneut der größte Trumpf von Erdogan wird.




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