„Der Islam und Europa sind untrennbar verbunden“ Gespräch mit Prof. Nilüfer Göle

28.01.2015 Habertürk
Übersetzt von: Gülçin / Wilhelm
Orjinal Metin (tr-17.01.2015)

Ich führte mit Prof. Nilüfer Göle, die seit über einem Jahrzehnt an der Hochschule für Sozialwissenschaften (EHESS) in Paris lehrt, ein Gespräch über den Anschlag auf „Charlie Hebdo“ am 7. Januar 2015 und die Demonstration vom 11. Januar 2015.
 
Cakir: Als wir am 7. Januar, unmittelbar nach dem Anschlag, miteinander geredet haben, klangen Sie sehr verzweifelt. Wie ich es richtig interpretiere, hat Ihnen die Demonstration am 11. Januar wiederum Hoffnung gemacht.
 
Göle: Ja. Das hat sie. Der allgemeine Tenor lautete: Das ist der 11. September von Europa. Was ist darunter zu verstehen? Das bedeutet, es gibt ein Vorher und ein Nachher. Die Geschichtsschreibung wird nunmehr anders verlaufen. Und man hatte das Gefühl, dass sie jedoch keineswegs besser verlaufen wird. Denn der Anschlag traf Frankreich ins Herz, sowohl hinsichtlich der Freiheitswerte wie auch der Meinungsfreiheit. Auch im Sinne einer Verletzung der libertären Tradition, wie sie wie Charlie Hebdo verkörpert; auch jüdische Bürger sind betroffen. Wegen des Holocaust verfügt heute die demokratische Kultur Frankreichs und Europas über zwei Standbeine: Meinungsfreiheit und die Vorsicht, nie wieder in Antisemitismus zu verfallen. Der Vergleich mit dem 11. September führt zudem zu bemerkenswerten Schlussfolgerungen: Die Demonstration vom 11. Januar war ein Ausdruck des kollektiven Bewusstseins der französischen Gesellschaft auf der Straße, welches eine Wiederholung der Folgen vom 11. September ablehnt. Der Irak-Krieg ist beispielsweise ist eine Folge des 11. September. Dieser ist ohnehin die Quelle des Übels. Dadurch, dass er mit falschen Tatsachen begründet worden war, ergab ein Fehler viele andere. Das Chaos im Nahen Osten und der Krieg in Syrien sind Beispiele dieser Verkettung. Deshalb stand die erste Frage: „Inwiefern soll sich unsere Reaktion von der vom 11. September unterscheiden?“ Zum anderen haben wir mit vollkommen anderen Parametern in Europa zu tun als zu dem Zeitpunkt des 11. Septembers. Alle drei Terroristen sind beispielsweise französischer Staatsbürger. Das gilt auch für die Täter in London, Istanbul bzw. Madrid. Diese besaßen alle Staatsbürgerschaften europäischer Länder. Beim letzten Beispiel sind die Brüder nicht nur französischer Staatsbürger, sondern sie sind auch hier geboren. Also, der Islam und Europa sind zusammengewachsen, sie sind untrennbar verbunden. Die Wurzel des Übels liegt nicht außerhalb, sondern im Inneren unseres Landes. Was ist unter diesen Umständen die Lösung? Wer soll also bekämpft werden? Soll man jetzt die Muslime ins Meer werfen, oder alle Migranten zurück in die Heimat schicken? Beides ist nicht möglich. Übrig bleibt nur der Bürgerkrieg. Da die Leute diese Bedrohung begriffen haben, protestierten sie am 11. Januar nicht nur gegen den Angriff auf ihre Werte, sondern demonstrierten sie zugleich für unser Zusammenleben. Es war gar nicht einfach. Am 7. Januar war ich dabei bei  den spontanen Kundgebungen am Platz der Republik bzw. unter der Freiheitsstatue. Was ich da zu Gesicht bekam, war beachtenswert. Es war nirgends ein Parteiemblem zu sehen. Es hatten sich überwiegend junge Leute oder Rentner versammelt. Die Gruppe war ruhiger, stiller und kleiner als die am 11. Januar. Während sie da eintrafen, waren die Terroristen immer noch auf der Flucht. Dies nahm aber die Regierung nicht als Anlass, diese Versammlung zu verbieten. Anstatt Fäuste hielt man Stifte hoch. Man vermittelte das Gefühl, dass man nur gemeinsam zu einer Lösung gelangen könnte. Und am 11. Januar war es wahrhaftig der Aufstand des Citoyens, sowie die Art und Weise, wie er sich äußert.
 
Man erzählt, dass jene, die sich offen als Muslime zeigen, nicht an der Demonstration teilnahmen.
 
Es waren sicherlich welche dabei, die sich fürchteten, aber viele Muslime nahmen an der Demonstration teil. Es war im Übrigen eher eine Platzbewegung als eine Demonstration. Da es ohnehin so voll war, war es nicht möglich zu marschieren. Es bildete sich auf dem Platz ein Kreis – man sah also keine Gruppierung hinter dem Plakat einer politischen Organisation. Es gab nur Individuen, die – wie man auch den Fotos entnehmen kann – solche Plakate wie „Ich bin Jude“, „Ich bin Moslem“, „Zusammenleben ist möglich“ oder „Mein Stift“ hochhielten. Es gab viel Selbstgebasteltes, teils mit Nudelholz oder mit Stoffresten. Da die Menschen als Individuen auf die Straße gingen, stand die Politik auch hinter dieser Bewegung, und nicht vor ihr. Wenn wir es uns als einen Demonstrationszug vorstellen und die Tatsache in Betracht ziehen, dass alle Politiker anwesend waren, werden wir feststellen, dass sie hinter den Bürgern Platz nahmen. François Hollande war sich dessen bewusst und sagte: „Wir haben niemanden aufgerufen – wir haben uns getroffen.“
 
„Unsere Zukunft schenken wir euch nicht“
 
Das heißt, mit dieser Demonstration reagierte man auf den Anschlag mit einer zivilbürgerlichen Antwort.
 
Richtig. Es war eine sehr bedeutende zivilbürgerliche Antwort. Nicht zu unterschätzen ist die Ethnographie, Anatomie sowie die Soziologie dieser Kundgebung. Es war äußerst gefährlich, mitten in dieser Menschenansammlung zu sein. Man hätte zerquetscht und zertrampelt werden können. Trotzdem kamen viele Franzosen mit ihren Babys. Ich hatte noch nie so viele Kinderwagen auf einmal gesehen in Paris. Die Teilnahme vieler Familien signalisierte den Entschluss, dass man nicht gewillt ist, den Terroristen seine Zukunft zu schenken. Ich halte es für sehr wichtig, sich als Familie gegen die Furcht zu wehren. Die Muslime waren ebenfalls als Individuen zugegen. Das ist eventuell auch ein Grund, warum sie nicht sichtbar waren – in vielen Fällen kann man diese ja nicht unbedingt erkennen. Nach meinem Empfinden taten sich die Muslime durch die „Not in my name“- Bewegung am eindrucksvollsten hervor. Ich habe sogar Imame gesehen, die solche Plakate trugen, wie: „Das darf nicht in meinem Namen passieren“ oder „Ich bin auch Charlie Hebdo“. Was die Teilnahme der Muslime angeht, geht es um zwei Ansichten. Die einen sagen: „Als Bürger der Republik dürfen wir den Muslimen nicht vorschreiben, wozu sie sich bekennen sollen, und wozu nicht. Wir dürfen überhaupt niemanden beargwöhnen.“ Aber heute erwartet man von Muslimen – allerdings als einzelne Individuen – eine klare Stimme. Denn es ist keine Gemeinde oder keine Vertretung da. Die Stimme heben können Führer einiger Moscheen, oder vielleicht muslimische Intellektuelle, die in Frankreich oder in Deutschland studiert haben. Tarik Ramazan, ein namhafter muslimischer Intellektueller, reagierte schnell und verurteilte das Attentat. Wir müssen uns mit folgendem Problem auseinandersetzen: Früher waren wir der Meinung, dass wir mit solchen Anschlägen nichts zu tun hatten, sie waren ja von Terroristen ausgeübt worden. Terroristen sagen wiederum, ihren Attentaten liege die Tatsache zugrunde, dass sie den Propheten und die heiligen Werte schützen würden. In diesem Falle ist es wichtig, was die Muslime dazu sagen, und wie sie sich dazu verhalten. Die Frage ist: Fühlen sie sich denen näher? Oder fühlen sie sich der Gesellschaft, in der sie leben, zugehörig? Jetzt stehen sie vor einer Wahl. Wir haben früher ganz anders argumentiert – wir haben gesagt: Durch diese Karikaturen verletzt oder beleidigt man die Muslime. Die Verbindung von Muslimen zu Mohammed ist nach wie vor eine lebendige. Die Art und Weise, wie diese Karikaturen gemacht werden, hat etwas Unsensibles. Einerseits sind diese mit einer Gefühlsbewegung gezeichnet worden, die der Auflehnung gegen die Kirche oder sämtliche Tabus zugrunde lag, andererseits wiesen sie aber eine mangelnde Sensibilität auf. Wir waren mitunter mit solchen Fällen konfrontiert, in denen hinter dem Deckmantel der Meinungsäußerung Ignoranz gegenüber der Kultur des Anderen ausgeübt wurde. Heute müssen aber die Muslime anders reagieren als bisher. Mit den alten Argumentationen können sie nicht weiter agieren. Wir können nicht so tun, als hätten die Anschläge nicht stattgefunden und uns wieder den Karikaturen zuwenden. Wir werden sicherlich bald mit Fatwas zu tun haben.
 
Wir werden gemeinsam eine Zivilisation aufbauen
 
Wir können den Blick der Täter auf die Welt, auf den Westen abschätzen. Wie kann diese zivilbürgerliche Antwort den Weg der Gegenbewegung schneiden?
 
Ich glaube, die zivilbürgerliche Antwort ist die wichtigste Reaktion. Sie entspricht dem Ansatz meines neuen Buches, das demnächst erscheinen wird. Es handelt sich darin um einfache Bürger. Ich befasse mich mit der europäischen Dimension der zivilbürgerlichen Bewegung. Denn diese Bewegung hatte ihren Ursprung nicht am 11. September sondern in der Todesfatwa, die seinerzeit vom iranischen Staat bzw. von Khomeini gegen Salman Rushdie ausgesprochen worden war. Stellen wir uns einen Roadmap in Bezug auf die Darstellung des Propheten sowie des Islam vor. Diese Todesfatwa, die erste Erschütterung und die Verwundbarkeit der europäischen Intellektuellen und die plötzliche Bedrohung eines britischen Schriftstellers mit dem Tod bilden den Ausgangspunkt der Linien dieser Roadmap. Das war der allererste Angriff. Salman Rushdie war der erste Betroffene. Dann wurde in Holland Theo van Gogh von einem marokkanisch stämmigen Migrant auf seinem Fahrrad getötet. Er wurde wegen seines Filmes „Submission“, den er zusammen mit Ayaan Hirsi gedreht hatte, bestraft. Dem folgte die Bedrohung der dänischen Karikaturisten. Wir haben es hier mit einer Welle der Gewalt in Europa zu tun. Aus all diesen Geschehnissen setzt sich eine neue Roadmap zusammen, die sich an Debatten über den Islam orientiert. Gegenwärtig diskutiert man in Europa hauptsächlich über die Symbole des Islam. Es geht beispielsweise um die Darstellung des Propheten, über das Kopftuch bzw. den Moscheebau. Das sind Symbole, die zu einem speziell europäischen Problem geworden sind. Mittels dieser Symbole wird der Blick Europas auf den Islam sowie auf die von Muslimen bei der Religionsausübung selbst geschaffene Andersartigkeit im öffentlichen Raum sichtbar. Diese Sichtbarkeit beunruhigte Europa und sorgte für Diskussionen. Diese legten wiederum die spektakulärste und die radikalste Antlitz des Islam frei. Während dieses Prozesses geriet die Art und Weise der Religionsausübung der einfachen Bürger immer mehr in Bedeutungslosigkeit über. Die Stimmen der Franzosen, Deutschen, Türken mit zweifachen Identitäten wurden nicht mehr vernommen. Die Demonstration vom 11. Januar machte also den – wie ich es bezeichne - „zivilen Islam“ und die Menschen, die sowohl Muslime wie auch Franzosen sind, sichtbar. Die Medien spielen in diesem Zusammenhang eine ungünstige Rolle. Sie legen diese Diskussionen in aufgebauschter Form dar und berichten vorwiegend über Vorfälle, die einen sensationellen oder provokanten Charakter haben. Die Medien bilden zusammen mit der Platzbewegung den öffentlichen Raum. Bei die Platzbewegung herrscht Stille – es werden Stifte hochgehalten, man tritt Schulter an Schulter auf. Der Terror traf den Alltag des öffentlichen Raums hart. Es betrifft das Einkaufen im koscheren Supermarkt oder das Beten in der Synagoge bzw. in der Moschee. Der Terror griff den Alltag der Muslime, der Juden, der Franzosen, der Zeichnern, der Journalisten an, ja gar die Stadt und das zivilisierte Leben. Er reißt die Fundamente des zivilisierten Lebens ein. Das ist Barbarei. Bei der Demonstration am 11. Januar kam deshalb die Entschlossenheit zum Ausdruck, gemeinsam eine Zivilisation aufzubauen, anstatt einen Kampf zwischen Zivilisationen zu führen. Die Muslime zeigten ihre Entschlossenheit, dabei eine entscheidende Rolle zu spielen. Eines hat mich sehr erfreut: Es war kein Tag für Euroskeptiker. Denn die Kundgebung manifestierte in ausgeprägter Weise ein einiges Europa: Es waren auf dem Platz unterschiedliche Fahnen präsent, man sah Angehörige unterschiedlichster Nationen und Ethnien mit unterschiedlichsten Sprachen. Es handelte sich nicht um eine Bewegung der nationalen Einheit sondern des kollektiven Bewusstseins.
 
Sind Sie der Meinung, dass dies zum Anlass genommen wird, das europäische Ideal wiederzubeleben?
 
Ich denke, dass die politische Klasse dieser zivilbürgerlichen Bewegung nicht entgegenkommen kann, ohne gleichzeitig das europäische Ideal zu verteidigen. Und das europäische Ideal darf den Islam nicht mehr ausschließen sondern muss ihn integrieren.
 
Die Türkei hat den Zeitpunkt verpasst
 
Ministerpräsident Davutoglu sagte in Paris mit Nachdruck, die Aufnahme der Türkei in die EU würde sich auf den Kampf gegen den Terror positiv auswirken. Das ist eine Aussage, die man lange nicht vernommen hat. Zählt dieses Argument noch?
 
Nein, denn die Türkei hat viele Gelegenheiten verpasst. Man kann den Fluss nicht zweimal an derselben Stelle betreten. Das bedeutet natürlich nicht, dass man an dem Punkt nicht weiter machen kann, wo man aufgehört hatte. Die Türkei ging jedoch, nachdem sie diesen Zeitpunkt verpasst hatte, einen anderen Weg. Die Anfeindungen gegen den Westen überwogen. Das Land entfernte sich von der Vermittlerrolle zwischen Europa und dem Nahen Osten fast gänzlich, die es insbesondere zu der Zeit des Arabischen Frühlings übernommen hatte. Deshalb zählt die Argumentation von Davutoglu nicht mehr. Europa wird sich zum ersten Mal für die eigenen Muslime einsetzen. Und die Muslime, die hier leben, begreifen, dass sie ihrem Zugehörigkeitsgefühl, sei es Berlin oder Paris gegenüber, Nachdruck verleihen müssen. Sie leben, studieren und beten nämlich hier. Und damit es Europa gelingt, die Konfrontation mit dem Islam in einen neuen Dialog, in einen Verständigungs- und Lernprozess umzuwandeln, müssen die islamischen Länder mitziehen. Sie dürfen diesem Prozess gegenüber keine gleichgültige Haltung einnehmen. Aufgrund der großen Zahl an türkischstämmigen Bürgern in Europa und ihres EU-Kandidatenstatus fällt der Türkei dabei eine größere Rolle zu.
 
Viele Kommentatoren gehen davon aus, dass die letzten Angriffe zu einer verstärkten Fremdenfeindlichkeit führen werden. Sie sind jedoch von Anfang an der Ansicht, dass diese im Gegenteil das Potenzial besitzen, die Integration von Muslimen zu stärken.
 
Das ist richtig. Wir beobachten seit zehn Jahren, dass die Islamophobie stärker wird. Allerdings können wir uns nicht mehr dahinter verstecken. Denn wir haben es heute eher mit einer antiwestlichen Haltung zu tun. Islamophobie gehört zu den Begriffen, hinter denen man sich versteckt, um bei solchen Ereignissen keine Verantwortung zu übernehmen. Die Türkei wird eine große Verantwortung tragen müssen. Aber das wird nicht mehr mit den alten Argumenten funktionieren. Zumindest ist das Argument nicht mehr relevant, dass man den Beitritt in die EU beschleunigen soll. Der Fehler der Türkei besteht darin, dass sie sich in punkto EU nur die rassistischen Übergriffe anschaute, anstatt sich mit der Situation der Muslime und Migranten in Europa bzw. ihrer Geschichte auseinanderzusetzen. Die Muslime waren zudem nicht imstande, ihr Zugehörigkeitsgefühl zu zeigen. Das ist die andere Seite der Medaille. Bei solchen Ereignissen sagten die Muslime immer unisono: „Im Islam gibt es keinen Terrorismus!“. Jedes Mal, wenn wir das in unseren Artikeln kritisierten, waren wir mit Beleidigungen durch die islamische Presse konfrontiert. Es geht doch nicht an, dass es immer die kolonialistischen Intellektuellen sind, die den Islam mit Terror assoziieren. Die Türkei muss auf den Vorgang selbst sehen und nicht auf uns. Wichtig ist es, wie sie das ganze bewertet. Ist es denn Terror, oder nicht? Wird im Namen des Propheten agiert, oder nicht? Die Frage, in wessen Namen agiert wird, darf nicht abgesondert behandelt sondern glaubwürdig beantwortet werden. Wir werden der theologischen Diskussion nicht ausweichen können, die uns bevorsteht. Es reicht nicht, den Terror zu verurteilen. Alle Staaten sind gegen den Terror, die Türkei auch. Die Frage ist jedoch, ob die Muslime, die vor dem Charlie-Hebdo-Gebäude der Opfer gedenken oder an der Kundgebung teilnehmen, gegen ihren Glauben handeln. Ob diese blasphemisch handeln oder aufgrund einer gemeinsamen Plattform eine Verständigung suchen. Die Todesfatwa- bzw. Scharia-Mentalität müssen in diesem Prozess dringend infrage gestellt werden.
 
Wir haben die Pflicht, die Vermittlerrolle zu übernehmen
 
Meinen Sie, dass die Steigerung der Auflage der Zeitschrift „Charlie Hebdo“ innerhalb von Stunden auf 3 Millionen eine Folge des 11. Januar ist?
 
Charlie-Hebdo war im Grunde genommen eine marginalisierte Zeitschrift, denn ihr wohnte noch die Seele der 68er Generation inne. Dort arbeiteten äußerst kreative und freiheitsliebende Menschen, die mit Rassismus nichts zu tun hatten. Mit diesen Eigenschaften fanden sie sich plötzlich auf der Welttagesordnung. Sie haben fast die ganze Welt vereinigt. Alle gedachten ihrer. Gedenken hielten sie selber allerdings für Unsinn. Denn sie hatten die Marginalität vollkommen verinnerlicht. Die Zahl von Menschen ist sehr hoch, die sagen: „Es ist völlig egal, ob ich mit den Karikaturen, die in Charlie-Hebdo abgedruckt wurden, der politischen Linie oder der Geschlechterpolitik der Zeitschrift einverstanden war oder nicht – ich bin dennoch gegen den Angriff auf sie“. Und das sind teilweise Leute, die sie vorher nicht kannten geschweige denn ihren Titel auszusprechen vermochten. Charlie-Hebdo gelangte in den Mittelpunkt einer kosmopolitischen Politik. Frankreich ist für jene, die die Differenzen überwinden möchten, zu einer Inspirationsquelle geworden. Frankreich und Deutschland waren innerhalb der EU etwas marginalisiert gewesen. Die Peripherie-Länder in der EU waren in Bezug auf die Union engagierter als die Staaten in ihrem Zentrum. Europa sollte aber zum ersten Mal zusehen, wie der öffentliche Raum gestaltet wird, und Muslime sich daran beteiligen. Der öffentliche Raum ist die Besonderheit der EU. Diese Besonderheit findet auch in der Einheit von Freiheit, Sicherheit und Kreativität ihren Ausdruck. Zu ihrer Besonderheit gehört ebenso die Notwendigkeit, dass Menschen eine Zivilgesellschaft schaffen, indem sie miteinander reden und sich verständigen. Das betrifft nicht nur die Meinungsfreiheit, sondern hierfür getan wird. Es müsste auch darum gehen, dass man, nachdem man die Welt des Anderen verstanden hat, sie jenen übermittelt, die sie nicht verstehen. Uns türkischstämmigen Franzosen und Deutschtürken fällt diese Pflicht zu, weil wir uns  zwischen zwei Welten befinden.




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